TIGER, Hauskatze, männlich, 4 Jahre alt



Untersuch

Auf den ersten Blick erscheint die Verletzung gravierend: Das linke Unterlid weist einen üblen, langen, vertikal zum Lindrand verlaufenden Riss auf. Glücklicherweise scheint das Auge selbst aber komplett unversehrt - weder die Hornhaut, noch der Augapfel selbst scheinen verletzt. Da Tiger auch in der Haut des Oberlids eine Schramme aufweist, gehen wird davon aus, dass er bei einem Kampf durch eine andere Katze gebissen wurde.

Therapie

Unter Narkose wird die Region geschoren, gespült und desinfiziert. Da die Wunde nicht mehr ganz frisch und das Gewebe stark geschwollen ist, kann der Riss nicht einfach vernäht werden, da die Wunde so kaum heilen würde. Stattdessen wird das Gewebe aufgefrischt (d.h. von den Wundrändern und dem Wundbett wird totes Gewebe so gut als möglich entfernt) und der Riss unter Einsetzen einer Drainage vernäht. Dabei wird versucht, den äusseren Augenwinkel so gut als möglich wiederherzustellen. Die Drainage dient dazu, den sich in der Wunde bildenden Sekreten eine Abflussmöglichkeit offenzuhalten und wird fünf Tage später entfernt.

Weiterer Verlauf

Nach 10 Tagen werden die Fäden gezogen, und ein weiteres Mal sind wir beeindruckt von der Effizienz der Wundheilung bei Katzen: Das Lid ist praktisch abgeschwollen, die Wunde schön verheilt und die Anatomie des Auges vollständig wiederhergestellt.

Wissenschaftliches

Bissverletzungen sind bei Freigängerkatzen häufig - meist enden sie mit der Bildung eines Abszesses, welcher aber meist problemlos behandelt werden kann. Tiger ist unkastriert, weshalb er besonders gefährdet ist, in Revierkämpfe zu geraten. Es scheint angesichts des Schweregrads der Lidverletzung schieres Glück, dass der Augapfel unverletzt geblieben ist.

© Dr. med. vet. P. Müller / Lyssbachvet