Biber-Attacke

Dr. med. vet. P. Müller • April 26, 2025

KAUNIS, Europäischer Schlittenhund, weiblich-kastriert, 10 Jahre alt


Kaunis wird uns als Notfall vorgestellt - ihre Vorgeschichte ist abenteuerlich: Sie wurde beim Spaziergang an einem Kanal von einem Biber attackiert!

Die rechte Kopfseite und die rechte Ohrbasis des Hundes weist diverse tiefe Bissverletzungen auf, glücklicherweise scheint das rechte Auge aber unversehrt. Der Hund erhält ein Schmerzmittel und Antibiotika; dann wird der Hund in Narkose gelegt.


Therapie

Nach Ausscheren der Wunden werden diese ausgiebig gespült und exploriert: Es muss insbesondere abgeklärt werden, ob sich unter der Haut Fremdkörper (Haare, Holzstücke etc) befinden. Hierzu wird die Haut grosszügig eröffnet und das Gebiet inspiziert. Anschliessend werden die Wunden aufgefrischt (d.h. einige Millimeter Haut wird entlang der Bisslöcher entfernt) und nach Einlegen einer Drainage vernäht. Einige Stunden später kann Kaunis mit angelegtem Halskragen, Schmerzmitteln und Antibiotika wieder nach Hause.


Weiterer Verlauf

Drei Tage später wird die Drainage entfernt, die Wunde ist ruhig und scheint gut zu heilen; beim Fädenziehen zehn Tage nach Operation ist die Wunde schön verheilt.


Wissenschaftliches

Bissverletzungen durch Artgenossen sind beim Hund recht häufig und für die Besitzer beider beteiligten Hunde belastend. Wir sind gesetzlich verpflichtet, Hundebissverletzungen dem kantonalen Veterinäramt zu melden - so kann geprüft werden, ob es sich um einen "normalen" Unfall handelt, oder ob eines oder beide der Tiere ein Aggressionsproblem aufweist und allenfalls gar ein Wiederholungstäter ist.

Bissverletzungen durch Wildtiere sind allerdings eine Seltenheit. Einzelfälle, bei welchen v.A. Jagdhunde von ihren potentiellen Beutetieren (zB Dachse) v.A. am Kopf schwer verletzt werden, kommen zwar vor - eine Attacke durch einen Biber haben wir aber noch nie beobachtet.

In den letzten 15 Jahren hat sich die Biberpopulation in der Schweiz verdreifacht; aktuell wird die Zahl der Tiere auf ca 4900 geschätzt. Neben Schäden an Strassen und Wegen durch Biberbauten sowie Frassschäden an Bäumen kommt es in Einzelfällen auch zu Verletzungen durch Biber: Vor mehreren Jahren wurde z.B. ein Schwimmer beim abendlichen Bad im Nidau-Büren-Kanal durch einen Biber gebissen.

Grundsätzlich gelten Biber als freundliche Tiere; wenn sie sich bedroht fühlen oder ihr Revier, den Bau oder den Nachwuchs in Gefahr wähnen, können sie aber auch durchaus zubeissen. Um Konfrontationen zu vermeiden, sollten folgende Punkte beachtet werden:


  1. Wenn man einen Biber sieht, sollte man einfach weiterschwimmen. Auf keinen Fall direkt auf ihn zuschwimmen.
  2. Auf sich aufmerksam machen und mit dem Biber reden und nicht aufs Wasser schlagen. 
  3. Wenn das Tier zwischen Ihnen und dem Ufer auftaucht, genügend Platz machen. Manchmal schwimmen Biber auf Menschen zu, um zu sehen, was im Wasser ist. Um ihre Familie zu warnen schlagen sie teilweise aufs Wasser.  Versuchen den Biber nicht einzuengen. Wenn sie sich eingeengt fühlen, können sie aggressiv reagieren. 
  4. Um den Biberbau herumschwimmen, falls man sich in deren Nähe befindet. Man sollte dem Biberbau nicht zu nahekommen, oder gar in ihn hineinschwimmen.

        Quelle: G. Wälchli, "Tierwelt" 2023




© Dr. med. vet. P. Müller / Lyssbachvet

Letzte Beiträge

By Dr. med. vet. P. Müller March 29, 2025
JAKUMI, Cocker Spaniel, weiblich, 11 Jahre alt
By Dr. med. vet. P. Müller March 2, 2025
HERA, Beagle, weiblich-kastriert, 3 Jahre alt
By Dr. med. vet. P. Müller February 1, 2025
ZELDA, Hauskatze, weiblich-kastriert, 8 Monate alt
Show More