Am Oberkiefer nahe des linken Auges von Jessy haben die Besitzer kürzlich eine plötzlich aufgetauchte Beule entdeckt. Der Hund ist ansonsten gesund, vital und frisst gut. Bei der Untersuchung erweist sich die Schwellung als hart und fraglich schmerzhaft. In der Maulhöhle findet sich im Zahnfleisch des Oberkiefers eine kirschgrosse, eher weiche Schwellung. Der unterhalb der Schwellung liegende Reisszahn (der sogenannte Prämolar 4, auch "P4" oder "Zahn 208" genannt) scheint äusserlich unauffällig. Die Befunde sind allerdings sehr verdächtig für einen Wurzelabszess dieses Zahnes.
Jessy wird sobald als möglich narkotisiert und genauer untersucht. Die Schwellung am Oberkiefer scheint innert wenigen Tagen noch grösser geworden zu sein. Das Zahnfleisch um den P4 scheint auch etwas gerötet; ein Röntgenbild der Region zeigt, dass um die drei Wurzeln des Zahnes ein starker Knochenverlust stattgefunden hat, was die Verdachtsdiagnose Wurzelabszess bestätigt.
Mittels sogenannter Separierung und Aufklappung wird der Zahn entfernt: Als erstes wird ein Schleimhautlappen vorsichtig vom z.T. schon fehlenden Kieferknochen gelöst. Noch vorhandener Knochen wird mit einem Bohrer weggefräst, so dass die drei Wurzeln des Zahnes freigelegt werden. Nach Zersägen des Zahnes in 4 Teile (3 Wurzelteile sowie ein Kronenteil, welches zur besseren Übersicht entfernt wird) werden die angegriffenen Wurzeln sorgfältig aus den Wurzelhöhlen gehoben. Nun wird mittels scharfem Löffel und Bohrer sämtliches Entzündungs- und Granulationsgewebe aus der Region entfernt und die Knochenwunde mit einem Desinfektionsmittel gespült. Anschliessend wird der grosse Schleimhaut- und Knochendefekt mit dem zuvor gelösten Schleimhautlappen geschlossen; die hierzu verwendeten feinen Fäden lösen sich mit der Zeit von selbst auf. Jessy erhält Schmerzmittel und ein Antibiotikum; in aller Regel heilt der Abszess so in der Folge problemlos ab.
2 der 3 Wurzeln von 208 sind freigelegt worden
Nach der Operation
Der gezogene Zahn
Wurzelabszesse der P4 im Oberkiefer von Hunden sind ein häufiges Problem. Manchmal ist schon von aussen erkennbar, dass der betroffene Zahn beschädigt ist (was ein Eindringen von Bakterien erlaubt), manchmal erscheint der Zahn äusserlich unversehrt und erst ein Röntgen zeigt das wahre Problem. Der Infekt bahnt sich entlang des geringsten Widerstandes seinen Weg - im Falle von P4 ist dies der Kieferknochen der Oberkiefer-Oberseite; entsprechend bildet sich unterhalb des Auges eine typische Schwellung, welche mit der Zeit sogar eine ständig nässende sogenannte Fistelöffnung bilden kann. Die Entfernung des Zahnes führt in aller Regel zu einer problemlosen Abheilung des Abszesses.
Erstaunlicherweise zeigen die Hunde häufig wenig offensichtliche Kaubeschwerden, obwohl der Bildung der Schwellung eine längerdauerne Entzündung der Wurzelhöhle und damit Schmerzen vorangehen. Wurzelabszesse sind grundsätzlich an jedem Zahn möglich, bilden sich aber hauptsächlich an den Reisszähnen des Oberkiefers.
© Dr. med. vet. P. Müller / Lyssbachvet
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